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Der Wein-Baron: Interview mit Marchese Frescobaldi

Verfasst: Samstag, 05.11.2005, 23:44
von DJ
Der Wein-Baron: Interview mit Marchese Frescobaldi

Neben den Dynastien Antinori und Ricasoli zählen die Markgrafen von Frescobaldi zu den großen Wein-Baronen der Toskana. Dieter Jaeschke sprach für http://www.tiamoitalia.de mit dem Marchese Leonardo Frescobaldi (62) über Tipps für Weinanfänger, Lieblingsreben und das „ideale Wochenende“…

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Signor Marchese, Ihre Familie baut seit über 700 Jahren Wein an, Sie sind Vollprofi. Was raten Sie absoluten Anfängern in Sachen Wein?

Menschen, die sich an Wein herantasten, sollten sich vor allem auf ihren Geschmack verlassen. Es gilt, so viel wie möglich zu probieren, so dass sich die Kenntnisse von Tag zu Tag erweitern. Auch ich als Wein-Liebhaber und -kenner entwickle meinen Geschmack immer weiter. Auf keinen Fall sollte man sich seine Vorlieben von Anderen diktieren lassen.

Spielen Sie auf professionelle Weinberater an?

Das sind meist wirklich gute Experten, die sogar in der Lage sind, Erdbeer- oder andere Fruchtaromen aus Weinen heraus zu schmecken. Aber seien wir ehrlich: Das Vergnügen am Wein besteht doch darin, Zeit mit ihm zu verbringen – wie mit einem guten Freund. Weinberater sind eher was für Fortgeschrittene, die gerne fachsimpeln.

Sie stellen auf Ihren neun Gütern 19 Weine her, die zu den besten der Toskana zählen. Welches ist Ihr Lieblingswein?

Oh, das ist vom Tag, der Stimmung und der Gelegenheit abhängig. Aber einen Favoriten gibt es doch. Es ist der „Pomino Bianco“.

Das ist ja ein Weißer! Wo die Toskana doch ein Rotwein-Land ist…

Gewiss. Aber der „Pomino Bianco“ stellt in der Familientradition etwas Besonderes dar. Unser Vorfahren haben in dem Anbaugebiet am Castello Pomino in der Nordost-Toskana um 1850 die ersten Weine überhaupt angepflanzt – in landschaftlich gewagten Bedingungen. Das Land dort ist karg, der nahe Apennin sorgt für raues Klima. Das gibt dem Wein einen ganz besonderen Geschmack - und er steht gleichzeitig als Symbol für erfolgreich umgesetzte, mutige Visionen.

Sie sind als Verkaufsleiter an über 100 Tagen im Jahr unterwegs, bereisen die ganze Welt. Wo verbringen Sie ein ideales Wochenende?

Auf einem unserer Weingüter auf dem Land! Obwohl wir in Florenz aufgewachsen sind, standen meine Geschwister und ich schon immer in enger Berührung mit der Natur. Auch den Ferienmonat August verbringe ich immer auf unserem Gut in Castiglioni. Die Stille dort, die klare Luft, die hügelige und sanfte Landschaft drum herum – das löst Gefühle der Rührung in mir aus.

Info
Die Markgrafen von Frescobaldi entstammen einem deutschen Adelsgeschlecht, dessen Mitglieder im zehnten Jahrhundert Kaiser Otto II. auf seinen Italienzügen begleitet haben. Sie ließen sich in der Toskana nieder und stiegen in Florenz im Bankengeschäft auf. Seit 1300 engagieren sich die Marchesi de’ Frescobaldi im Weinbau. Zu den besten ihrer Sorten zählen der rote „Mormoreto“ vom Gut Nipozzano (ab 39€) sowie der „Brunello di Montalcino vom Gut Castel Giocondo (ab 29 €). Den weißen „Albizzia Chardonnay“ gibt es schon ab sieben Euro. http://www.frescobaldi.it