autark leben in Italien

In unserer Hauptrubrik tauschen wir uns über all das aus, was uns momentan bewegt. :flag:
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Lory
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Re: autark leben in Italien

Beitrag von Lory »

Da hat Fee wirklich ein interessantes Thema angeschnitten!
Vor nicht zu langer Zeit war das "autarke Leben", die Selbstversorgung, aus der Not heraus geboren und in vielen Familien selbstverständlich.
Bei uns gab's samstags immer den Eintopf: "Quer durch den Garten", Marmelade war immer selbst gemacht, die Früchte im Sommer wurden dann für die Winterzeit eingeweckt, damit im Sommer nichts gekauft werden mußte, ebenfalls Gemüse, etc. Jedes Jahr kam der Metzger ins Haus und hat eines der beiden Schweine geschlachtet :cry: , die Wurst musste dann bis zum nächsten Schlachten halten, im Winter gabs weniger Eier, weil die Hühner dann keine Lust hatten.......
Wäre ich in Italien, auf dem Land, wäre das auch "mein Ding", da allein wegen des günstigen Klimas und mehrerer Ernten die Voraussetzungen besser wären.
Und wie Ondina schon sagte, halte ich es für wichtig und spannend, dass das Wissen der älteren Generationen überliefert werden sollte. Ich erinnere mich noch gerne an eine Wanderung bei über 30 Grad (uff) auf einen hohen Pizzo (der Name fällt mir gerade nicht ein) in Kalabrien, wo ich unterwegs an einem öffentlichen Waschplatz, ein kleines Häuschen mit 4 gemauerten Waschbecken, eine zahnlose alte Frau traf, die dort ihre Wäsche wusch.
Sie hat mir stolz einen Klumpen Seife gezeigt und mir erklärt, daß sie diese selbstgemacht hätte mit ihrem eigenen Olivenöl und eigenen Zitronen.
Respekt!!! Ich finde es toll, wenn man das kann, das Wissen und Können erfüllt einen sicher mit Zufriedenheit.
Nur die Zeiten haben sich verändert.....mir reichen schon - ohne Seife zu machen - die 24 Stunden pro Tag nicht !

LG Lory
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manu1909
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Re: autark leben in Italien

Beitrag von manu1909 »

Ein wirklich interessantes Thema!!
Auch für mich, da es mir in den ersten Monaten nach einer Umsiedlung nach I. vielleicht zu überleben hilft.

Ich habe hier in D. ein großes Grundstück, auf dem ich mir eine Menge Erfahrungen in Sachen Anbauen und Ernten angeeignet habe. Abgesehen davon, dass Selbstgeerntetes am besten schmeckt und weitgehend unbelastet ist, spart man auch eine Menge Geld. Die Arbeit scheue ich nicht, ich mache mir mehr Sorgen um einen evtl. Wassermangel?!

Ciao-ciao Manu
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BO
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Re: autark leben in Italien

Beitrag von BO »

Ganz ohne externe Zwänge, gleich welcher Art, zu leben ist wahrscheinlich unmöglich.

Das wird einem besonders stark bewusst, wenn z.B. die Natur mal für längere Zeit nicht mitspielt und alle Pläne vernichtet.
Dieses Jahr mussten einige meiner Bekannten und Freunde aus Wassermangel auf ihren Gemüsegarten verzichten.
Lory hat geschrieben:Nur die Zeiten haben sich verändert.....mir reichen schon - ohne Seife zu machen - die 24 Stunden pro Tag nicht !
Questo è il problema!
Einen Gemüsegarten zu pflegen, wäre zeitlich für mich undenkbar.

Aber selbst wenn mir die Arbeit oft sehr wenig Zeit lässt, kann ich mich - eigentlich seitdem ich in Italien lebe - nicht dazu überwinden, Fertiggerichte oder Sachen aus Tüten zu essen, sondern suche die Zutaten sorgfältig aus und koche dann etwas leckeres.
Dafür muss die Zeit da sein!
Das gehört einfach mit zur Lebensqualität.
Non ho mai avuto la pretesa né la presunzione che qualcuno debba avere la mia stessa opinione (H.Z.)
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Re: autark leben in Italien

Beitrag von manu1909 »

Ich hab`darüber viel gelesen.
Mich hat fasziniert, dass nicht gefragt wird " was kochen wir denn heute? Worauf habt ihr Appetit?"
Sondern der Garten bestimmt mit dem, was gerade reif ist, was auf den Tisch kommt.
Ich finde, das hat was :flag:
Zuletzt geändert von manu1909 am Freitag, 23.11.2012, 17:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: autark leben in Italien

Beitrag von Marea »

manu1909 hat geschrieben: Sondern der Garten bestimmt mit dem, was gerade reif ist, was auf den Tisch kommt.
Ich finde, das hat was :flag:
Dann müsste man aber schon ein überzeugter Veganer sein. :zwinker:
Klar, saisonales Gemüse ist wunderbar (auch wenn man keinen Garten hat)... aber es kommt sicherlich noch so manche Zutat dazu, die nicht aus der Selbstversorgung stammt, so dass man sich trotzdem noch die Frage stellen kann, worauf man Appetit hat.
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Ondina
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Re: autark leben in Italien

Beitrag von Ondina »

Man muss ja nicht den Anspruch haben, alles 100%ig zu machen. Das was möglich ist und Spaß macht und die Sinne schärft ist schön.
Und was nicht geht, geht nicht. Dazu stecken wir alle meist in zu vielen Zwängen.
Aber die Geschichte mit der Seife interessiert mich, Lory. Ich finde es auch schön, zu wissen, wie das geht. Hat sie dir erzählt, wie sie das macht?

Für mich ist es irgendwie ein Prinzip geworden, aber ohne Zwang mehr aus Lust, möglichst saisonale Sachen zu kaufen oder zu finden und zu verwenden.
Denn die Sachen sind auch zur richtigen Jahreszeit einfach am besten. Und man erhält sich die Lust an den Dingen, wenn man z.B. Erdbeeren und Spargel nur dann isst, wenn sie hier reif sind.
Im Herbst gehört für mich das Pilze sammeln und trocknen dazu. Oder im Sommer und Herbst eben das Marmeladekochen (dieses Jahr bin ich fast marmeladenkochsüchtig geworden, habe es auf ca. 120 Gläser gebracht) kein Obst ist gekauft, nur der Zucker.
Und wenn ich etwas sehe, wie einen Baum voller Feigen oder Zitronen z.B., den niemand aberntet, juckt es mich in den Fingern und ich muss sie abpflücken und Marmelade draus kochen, sogar im Urlaub.

Vor so einer halbwegs autarken "Landwirtschaft" hab ich aber sehr viel Achtung, denn ich bin eher der Verarbeiter. Ich steh gern in der Küche und mach aus all den Dingen etwas, die grad aus dem Garten kommen.
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Re: autark leben in Italien

Beitrag von Lory »

Ondina, das Mütterchen hat es mir erzählt, denn ich habe sie fast " ausgequetscht" mit meinen Fragen nach den ingredienti und dem modo di fare. Sie war auch sehr redefreudig , aber ich muss gestehen, dass ich trotz großer Bemühung nicht genügend verstanden habe, der kalabresische Dialekt war einfach zu ausgeprägt :cry:
Ich weiß aber noch, dass sie mir erzählt hat, dass früher viele Frauen zum Waschen an den Brunnen kamen, inzwischen wäre sie alleine dort, weil die jungen Frauen " diese Maschinen" im Haus hätten, die nur Strom verbrauchen. Auch der Kontakt und die vielen Gespräche wären dadurch nicht mehr da und das Wissen um die Seifenherstellung ginge auch verloren.
Ich kann mich nur an Olivenöl und Zitronen erinnern...und dass man lange rühren muss.
Vielleicht weiß jemand mehr im Forum davon....
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