Streitgespräch zur Italianità

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Todd

Beitrag von Todd »

Hallo,

was in Italien fehlt?

Meiner Meinung nach zumindest teilweise das Verständnis dafür, was denn überhaupt Italien (er)lebenswert macht, was im Vergleich zum Norden denn die Vorzüge sind...

... es sind eben halt nicht die römischen Ruinen oder malerischen Altstädte, es sind nicht die traumhaften Strände oder herrliche Berge. Ich will nicht sagen, dass dies alles austauschbar wäre, aber Klischees bedient es allemal. 'Ne umgefallene römische Säule und enge schmuddelige Gassen rufen auch nicht bei jedem Glücksgefühle hervor.

Darüberhinaus hat eine nicht unerhebliche Portion der ital. Bevölkerung wohl leider vergessen, was den Reiz und den Reichtum Italiens über Jahrhunderte hinweg ausgemacht hat, nämlich Einwanderung durch die verschiedensten Bevölkerungsgruppen und dadurch Austausch von High-Tech-Know-How.
Dieser Mangel macht sich letztens oft sehr brutal bemerkbar.


LG
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BO
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Beitrag von BO »

Todd hat geschrieben:...und dadurch Austausch von High-Tech-Know-How.
Dieser Mangel macht sich letztens oft sehr brutal bemerkbar.
Boh?
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lanonna
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Beitrag von lanonna »

Todd, das habe ich nicht verstanden.

Vielleicht weil ich umgefallene Säulen liebe? Vielleicht weil Italien die Wiege unserer Kultur ist?

High-Tech sehe ich eher in Japan. Aber da fehlen die Säulen....

Lanonna
Freunde wirst du viele lieben, wie es Muscheln gibt am Meer,
doch die Schalen, die dort liegen, sind gewöhnlich alle leer.
Autor unbekannt
Todd

Beitrag von Todd »

Hallo Lanonna,

ich hab' heute schon viele von Deinen Posts gelesen, die sehr interessant sind!


Ich wollte mit meinem Post von vorhin nur sagen, dass Italien und die Italiener sehr viel zu bieten haben, aber dass das meiner Meinung nach nicht in den Museumsgütern liegt (Arnold Schwooorzenegger hat mal über Österreich gelästert: 'All this old shit....who needs it?', und ganz unrecht hat er nicht).

Mit High Tech meine ich Erfindungen, die die Gesellschaft in der Geschichte immer wieder vorangetrieben haben, und da war Italien eben jahrhundertelang Weltspitze, aber eben seit mindestens 2 oder 3 eben nicht mehr, oder jedenfalls nicht auf so gut wie allen Gebieten. Was Gründe hat.

Das klassische Einwandererland war zum Auswandererland geworden, und erst seit 20 Jahren wieder (oder wenn man die Migration innerhalb Italiens mitrechnet, seit 60 Jahren wieder) Einwanderungsland. Das Problem ist, dass die Politik darauf noch nicht ausreichend reagiert hat, und es des öfteren zu Übergriffen gegen offensichtliche Ausländer kommt (das meinte ich mit 'brutal'....)


LG
Todd

bis

Beitrag von Todd »

Natürlich ist das kein endemisches Phänomen, aber es ist dennoch präsent. Nicht in allen Bevölkerungsgruppen, aber hier und da doch recht gern, manchmal.

Manche Italiener glauben tatsächlich, die Welt liebte sie aufgrund der Monumente, des Belcanto, der Haute oder Baisse Cuisine....
... und dass in Italien 95% aller jemals produzierten Kulturgüter lägen.

Weit gefehlt. Wenn ich Paisiello, Rossini, Verdi oder sonst wen mag, dann weil Paisiello, Rossini, Verdi oder sonst wer tolle Musik gemacht hat, und nicht, weil sie Italiener oder Bürger des Königreiches beider Sizilien waren.
Und ganz tief innen drin wissen sehr viele Italiener, dass Denkmäler und Kulturgüter generell (auch letterarische Werke) morgen perdu sein können, wenn es das Schicksal so will, ob durch Umweltkatastrophen, Kriege oder sonstwas.... und was passiert der Italianità dann?

Meiner Meinung nach liegt sie einfach ganz woanders.



LG
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morris
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Re: Was fehlt in Italien?

Beitrag von morris »

kaernten41 hat geschrieben:Ich bin zwar Österreicher
Es ist sehr schön aus einem Österreicher das lesen.... im Allgemeinen
ist den Österreichern Italien nicht sympathisch.. :roll:
Bist du aus Jodler's Vaterland? :o
Und das hat mit ihrem Singen Die Loreley getan.
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BO
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Beitrag von BO »

Wenn ich so das Verzeichnis der italienischen Nobelpreisträger der letzten 100 Jahre sehe, habe ich den Eindruck, dass Italien immer noch zur Weltspitze der "Gehirne" gehört.

o Mario Capecchi (2007)
o Riccardo Giacconi (2002)
o Dario Fo (1997)
o Rita Levi Montalcini (1986)
o Franco Modigliani (1985)
o Carlo Rubbia (1984)
o Eugenio Montale (1975)
o Renato Dulbecco (1975)
o Salvador E. Luria (1969)
o Giulio Natta (1963)
o Emilio Segrè (1959)
o Salvatore Quasimodo (1959)
o Daniel Bovet (1957)
o Enrico Fermi (1938)
o Luigi Pirandello (1934)
o Grazia Deledda (1926)
o Guglielmo Marconi (1909)
o Giosuè Carducci (1906)
o Camillo Golgi (1906)

Natürlich gibt es Dinge die in Italien fehlen, aber mir fällt momentan kein anderes Land ein, das so viel an Naturschönheiten, Geschichte, Literatur und Kunst aufzuweisen hat wie Italien.
Saluti
BO
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