Als EU-Buerger in Italien leben

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aragon

Als EU-Buerger in Italien leben

Beitrag von aragon »

Ich moechte hier gerne mal die Diskussion eroeffnen ,wenn man als EU-Buerger nach Italien ausgewandert ist .Wir leben seit beinahe 5 Jahre in der Toskana und unser Sohn besucht mittlerweile das IT.Welche Erfahrungen habt ihr gemacht mit den Behoerden und Comunen ?
Meine Erfahrungen sind nicht die besten ,hatte manchmal das Gefuehl das die hiesigen Aemter entweder hoffnungslos ueberfordert waren oder sie sagten einfach es waere nicht moeglich .
Es begann schon wegen der Aufenthaltsgenehmigung ,mit dem einwand von mir das auch die BRD inder EU ist konnten sie nichts anfangen .Sie verlangten den permesso soggiorno von uns ,obwohl wir nur die "carta soggiorno als EU Buerger brauchen.Das gleiche bei den diversen Diplomen von mir bzw meiner Frau.Oder bei der Krankenkasse bzw zuweisung eines Arztes.Mein Sohn wurde von einem fremden Hund gebissen und wir sind sofort ins Krankenhaus in den Pronto Socorso da mussten wir 4 Stunden warten bis sie sich einig waren das die Europaeische Krankenkarte auch ihre Gueltigkeit hatte. Ich wuerde gerne die eine oder andere Meinung bzw Erfahrung von euch wissen die ihren Lebensmittelpunkt nach Italien verlegt haben.Ich bin der Meinung das es interresant auch fuer diejenige zu lesen ist die sich mit dem Gedanken des Auswanderns tragen.Und sie profitieren von unseren Erfahrungen . Das gleiche ist das Procedere beim Hauskauf oder wenn man sich eine Mietwohnung sucht .Oder ob es von Region zu Region verschieden ist.Ich bin nach wie vor von Italien begeistert nur bin ich der Meinung das der Grundgedanke der EU hier auf Widerstand trifft.Ich hoffe auf eine rege Beteiligung
buon divertimento
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BO
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Re: Als EU-Buerger in Italien leben

Beitrag von BO »

Kleine Gemeinden sind sicherlich überfordert und in großen Städten trifft man auch schon mal auf den Beamten, der ein wenig "tonto" ist (aber die gibt es ja überall). Da kann es auch passieren, dass sie den "permesso di soggiorno" mit der "carta di soggiorno" verwechseln. Auch deshalb, weil sie generell viel mehr nicht EU-Ausländern als EU-Ausländern zu tun haben.

Mit Diplomen aus dem Ausland können sie meistens nichts anfangen, wenn es dafür nicht gerade eine ähnliche Ausbildung auch in Italien gibt. Die beiden Schul-/Ausbildungssysteme sind eben noch sehr verschieden. Bei mir gab es vor vielen Jahren einen regelrechten Kampf, mit dem vereidigten Übersetzer meiner Papiere. Er wollte mir einreden, dass ich diese und jene Ausbildung gehabt hätte, nur weil er nicht wusste, wie man sie ins italienische übersetzen konnte, weil es nichts gleichwertiges gab. Am Schluss haben wir uns dann auf eine Bezeichnung geeinigt, mit der wir beide zufrieden waren. Besonders echauffiert war er über die Religionszugehörigkeit (ich spreche von den 80ziger Jahren – heute würde kein Hahn mehr danach krähen). Bei mir stand nämlich "ohne" und er meinte, das könnte man doch nicht so lassen. Am Schluss haben wir uns dann auf "ohne Angabe" geeinigt.
Der Rest war eigentlich ziemlich normal. Bei den Behörden habe ich immer sehr große Hilfsbereitschaft gefunden, die mir nach den Erfahrungen mit deutschen Behörden sehr gut getan hat. Meine Gemeinde war eine der ersten, die damals einen Computer für das Einwohnermeldeamt angeschafft hat, als man in Bologna Stadt noch für Bescheinigungen Schlange stehen musste. Viele Bescheinigungen kann man heute sowieso durch eine "autocertificazione" (Selbstbescheinigung) ersetzen. Es rührt sich also etwas.
Bei der Zuweisung meines Hausarztes konnte ich den Arzt "meines Herzens" nicht wählen, weil der schon zu viele Kassenpatienten hatte, aber mit der Ärztin, die mir dann "zugeteilt" wurde, bin ich (seit mehr als 20 Jahren) äußerst zufrieden.
Mit einer europäischen Krankenkarte habe ich keine Erfahrung, da ich noch nie eine besessen habe. Ich weiß nur, dass es in der Notaufnahme der Krankenhäuser verschiedenfarbige Dringlichkeitsstufen gibt. Weiß, grün, gelb und rot. Wenn man die weiße zugeordnet bekommt, kann es passieren, dass man sehr lange warten muss. Bei höchster Dringlichkeitsstufe (rot) ist man sofort dran.

Im Häuserkauf/-verkauf bin ich mittlerweile schon Spezialist, weil ich hier schon 5 mal umgezogen bin. Mit Mitwohnungen kenne ich mich nicht aus, weil ich keine finden konnte.

Ja, der Grundgedanke der EU bleibt manchmal bei seiner Umsetzung an der Basis hängen. Das hat wohl vielerlei Gründe, wie Dummheit oder Unwissenheit. Aber ich glaube nicht, dass es mir in D anders oder besser ergangen wäre.

Bitte versteht mich nicht falsch. Mir ist hier nichts in den Schoß gefallen. Es vergeht kein Tag, an dem ich (als Selbstständige) nicht durch den Behördenkram Kopfschmerzen bekomme und fluche (meistens: maledetta m.). Aber je mehr ich fluche, desto so größer werden die Kopfschmerzen. Also habe ich es gelernt, die Dinge ruhiger anzugehen und siehe da, es gibt keine Probleme mehr, die nicht gelöst werden können.

Saluti
BO

P.S.: Scusate, ist ein bisschen lang geworden, aber ich bin auch schon viele Jahre hier :mrgreen:
Zuletzt geändert von BO am Donnerstag, 16.10.2008, 14:23, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Als EU-Buerger in Italien leben

Beitrag von Ondina »

Bo, du bist ein grandioser Lebenskünstler finde ich :mrgreen:
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Re: Als EU-Buerger in Italien leben

Beitrag von BO »

Nein Ondina ein Lebenskünstler bin ich leider nicht. Aber ich arbeite dran :mrgreen: .

Saluti
BO
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Re: Als EU-Buerger in Italien leben

Beitrag von Done »

Recht erfolgreich, scheint mir :flag:

Done
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Re: Als EU-Buerger in Italien leben

Beitrag von Ondina »

Wenn das kein Kompliment ist!!! :zwinker:
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Re: Als EU-Buerger in Italien leben

Beitrag von BO »

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