Heute: Der Tag danach
8.05 Uhr, ich schlafe, mein Handy klingelt. "Ciao, sono io, Elena. Sei già giù?" Ich, noch halb schlafend: "Äääh, giù? Sì sì, sono giù." Im doppelten Sinne sogar: Erstens wohnt sie über uns, und zweitens fühle ich mich wirklich hundselend. Ich habe nicht einmal drei Stunden geschlafen, drei Wecker überhört und mehr Alkohol im Blut als je zuvor! Beim Zähneputzen ruft sie wieder an: "Ma dove sei? Non sei giù!" Ich entschuldige mich für das Missverständnis so gut es geht, sie erwartete mich wohl schon vor der Haustür. "Tu intanto va' alla stazione - vengo subito", versichere ich. Wir wollen ja heute nach Rom! Das heißt: Unsere WG will nach Rom. Naja, eigentlich nur ich aus der WG.
Also: Elena, die Spanierin, hat mit Helen, unserer Ex-Mitbewohnerin, ein Treffen in Rom verabredet. Die ist nämlich im Moment in Neapel, gibt dort Englischunterricht als Assistentin. Mitkommen wollte noch Katja, eine Estländerin (oder Estin, klingt aber doof) und eine weitere Freundin von Helen, die auch gerade in Florenz ist. Klingt alles recht kompliziert, ist es aber nicht. Rom ist schließlich für alle ungefähr der halbe Weg - und zudem immer eine Besichtigung wert. Dass dann zur gleichen Zeit noch zwei Freunde von mir in Rom sind, passt mehr als gut. Dumm nur, dass ich dass nach dem dritten Cocktail gestern ganz verdrängt habe.
Aufgestanden, Zähne geputzt, gewaschen, angezogen - alles in 10 Minuten. Treffen am Bahnhof ist um 8.25 Uhr, der Zug kommt nämlich schon um 8.35 Uhr - jetzt ist es 8.15 Uhr. Aiutoooo!
In der Piazza San Marco ist kein Bus zu sehen, an der Haltestelle stehen nur zwei Leutchen, die meine Hoffnung nicht wirklich stärken. Schnell in ein Taxi gesetzt, mit dem Fahrer 6 Euro ausgehandelt und ab geht es. Ich schaffe es pünktlich, werde natürlich ausgelacht, darf aber im Zug schlafen. Das schaffe ich dann auch 15 Minuten, dann kommt der Schaffner und anschließend bin ich durch die ganze Hektik zu aufgedreht, wieder einzuschlafen.
Rom ist herrlich. Helen freut sich tierisch, hat viel zu erzählen. Dann setze ich mich ab, will meine Freunde treffen. An der Fontana di Trevi. Dort angelt gerade jemand mit einem Magneten nach Münzen, wird zwar von Touris angesprochen, aber die Vigili 10 Meter weiter bemerken nichts. Bis sie einen Tipp bekommen - und ich noch kurz "der, mit dem orangenen Rucksack" rüberrufe. Ordnung muss sein, gerade in Italien.

Außerdem geht es mir gegen den Strich, wenn die Gelder gespendet werden und andere sie klauen. Und Glück bringen tut der Wurf über die Schulter dann auch keins mehr.
Auch meine Freunde haben mir viel zu erzählen. Von den neuen Lederschuhen, die sie gekauft haben - und ein Hund hineinbiss, als sie gerade aus dem Laden waren. Und von der tollen Villa Borghese, dem perfekten Wetter der letzten Tage und dem Typen, der sie aus dem Auto heraus nach dem Weg fragte, und dann ein "originales" Versace-Kleid gegen etwas Geld für die Tankfüllung tauschen wollte. Sie haben dankend abgelehnt. Die 50 € können sie gut gebrauchen. Immerhin wissen sie jetzt noch nicht, dass sie morgen den Flieger verpassen werden, dann nur einen nach Basel bekommen werden und von dort den teuren Schnellzug nehmen müssen, weil man als Arzt wieder pünktlich am Donnerstagmorgen in der Praxis sein muss.
Auf unserem Rückweg ist der Zug brechend voll. Hätten wir uns ja denken können. Allerheiligen hat halb Italien als "Ponte" genutzt. Um 21 Uhr sind wir zu Hause, ich schlafe 14 Stunden am Stück. Wusste gar nicht, dass das überhaupt geht.