Zwei Wochen Florenz mit Sprachkurs Herbst 2012

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Befana
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Re: Zwei Wochen Florenz mit Sprachkurs Herbst 2012

Beitrag von Befana »

ach ja, war das schön.Ich war an diesen Plätzen vor dreieinhalb jahren und möchte unbedingt nochmal hin.
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Ondina
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Re: Zwei Wochen Florenz mit Sprachkurs Herbst 2012

Beitrag von Ondina »

Super Flora, das kommt mir so bekannt vor und du erzählst so schön.
In Santa Maria Novella war ich leider nie. Habe vier mal Anlauf genommen und immer war sie zu (auch wenn sie nicht hätte zu sein dürfen, laut Öffnungszeiten). :?
Der Palazzo Medici Riccardi gefiel mir sehr, weil man da noch den Eindruck hatte, wie die Medici so gelebt haben, also nicht nur Repräsentation.
Und wie schön leer der Ponte Vecchio war, ich kenne ihn nur voller Menschen, aber bei uns gabs auch keinen Regen.
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Flora
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Re: Zwei Wochen Florenz mit Sprachkurs Herbst 2012

Beitrag von Flora »

01.10.2012 - Tagesbericht mit Regen

Einkaufstag. Nach dem Unterricht (inzwischen kionnte ich ganz entspannt irgendwas auf Italienisch erzählen) in dem selben Bar-Imbiss (tavola calda) gegessen und getrunken, in dem ich an meinem allerersten Abend war, das Essen ist günstig, schmeckt gut, die Bedienung ist freundlich, alles sieht italienisch, etwas alt aber sehr sauber aus. Danach besuchte ich wieder die Markthallen, leider konnte ich keine Fotos machen, da ich beide Hände voll hatte! Sechs Bananen und drei Pfirsiche für 1,80 Euro - das toppt alles, was ich kenne. Allerdings würde das bei uns nicht als 1A-Ware durchgehen wegen geringer optischer Mängel. (Die mir egal waren, es sollte schmecken und keinen Schönheitswettbewerb gewinnen.) Und an einem Gewürzstand nett mit einem alten Italiener geredet...

Nach kurzer Pause, in der ich meine Urlaubskarten endlich schrieb, ging es wieder hinaus. Eine Woche lang hatte ich hin und her überlegt, war auf dem Markt (täglich, auch sonntags, wie ich inzwischen weiß, von 8:00 Uhr bis 20:00 Uhr) immer wieder bei den Lederhandtaschen stehen geblieben. Für jeden Geschmack war etwas dabei und die Verführung sehr groß. Eine große rote Handtasche hatte es mir angetan, und jeden Tag hatte ich nachgeguckt, ob sie noch jemand hatte.

Inzwischen konnte ich auf Italienisch mit den Markthändlern verhandeln, und nun wurde sie mein. 15 Euro gespart und nicht mehr ausgegeben als ich zu Hause für eine no-name Handtasche ausgebe. Damit würde ich vermutlich in Hamburg ganz schön auffallen, aber gleichfalls immer an diesen Urlaub in Florenz denken. (Außerdem würde sie mein Gepäckproblem am nächsten Wochenende ganz elegant lösen und verhindern, dass mein Koffer zu schwer würde.)

Bevor ich ging, hatte ich mich anhand meines Stadtplanes informiert, wo ich einen Briefkasten finden konnte (ich Dussel - irgendwo hatte ich in den vorherigenTagen schon welche gesehen, ich hätte mir den Ort wohl merken sollen!), danach war ich dann auch (wie üblich) gefühlte zwanzig mal durch die selben Straßen gekurvt - ohne Ergebnis. Keine Post, kein Briefkasten zu finden.

Vollkommen frustiert richtete ich meine Gedanken auf CALZEDONIA (mein heißgeliebtes Strumpfhosengeschäft), Via dei calzaiuoli sinnvollerweise, dort war ich fast täglich vorbeigekommen, die Chance wenigstens stand gut! Nach meinem Einkauf - das Calzedonia-Personal war, genau wie in Rom im Jahr zuvor, nicht davon abzubringen, mit jeder Touristin Englisch zu sprechen, dafür aber sehr freundlich und hilfsbereit. Einkauf erledigt - schon wurden aus den dunklen Wolken Regenwolken und es drohte, wie am Vorabend zu werden. Schirm ausgepackt und den Rückweg angetreten, mit den Einkaufstüten schwer am Handgelenk. Ja, weil es auch meistens windig war, ging dann gleich mein rosafarbener Schirm den Bach runter und in den nächsten Mülleimer. Kurz vor meiner Rückkehr ins Hotel bekam ich schon wieder einen neuen. 5 Euro wollte man dafür haben - aber nicht von mir!

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So, auf, auf, einen anderen vermuteten Briefkasten vielleicht finden, noch eine Kleinigkeit kaufen und eine neue Runde drehen, vielleicht könnte ich ja mal ein kleines Stückchen weiter kommen - ohne Abendregen...

Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?
Die nächste Brief-Markierung auf meinem Plan war ein paar Schritte vom Hotel am Hauptbahnhof (Firenze Santa Maria Novella), und tatsächlich, da hingen sie, die Briefkästen, für mein ungeübtes Auge allerdings eher Flächen der Kreativität:

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Am Bahnhof entdeckte ich dann noch eine sehr feine Zeitschrift, danach drehte ich um und marschierte Richtung centro. Der Regen hatte ja tatsächlich aufgehört, und die Leute waren anscheinend alle sehr widerstandsfähig, auch die Touristen, so wollte mir scheinen. (Kaffe! Und weiter.)

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Und schon war ich wieder auf der Piazza della Signoria, die auch bei jedem Licht wieder faszinierend anders aussieht.

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Es war (ist ja immer noch) praktisch ein Freilichtmuseum:

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Weiter durch die Uffizien bzw. den Gebäudekomplex:

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Dieser Herr hier war verantwortlich für die einheitliche italienische Hochsprache: Dante Alighieri.

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Durch dieses Tor geht man und steht augenblicklich am Arno - wenn man nicht vorher platt gefahren wird, eine Straße ist zu überqueren, klein aber belebt.

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Bilder am Fluss:

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Zurück mit trockenen Füßen!!!
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Flora
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Re: Zwei Wochen Florenz mit Sprachkurs Herbst 2012

Beitrag von Flora »

02.10.2012 - Palazzo Pitti und Giardino di Boboli

Nach dem Unterricht hatte ich nur kurz die Handtasche gewechselt, die feste Jacke (morgens war es durchaus frisch) gegen eine Bluse getauscht, Sonnenbrille und Fotoapparat, Wasserflasche geschnappt und war gleich wieder losgezogen. (Gegessen unterwegs, aus der Hand, unspektakulär und lecker.)

Die Erfahrung der vorherigenTage mit abendlichem Regen ließ mich nun die Entscheidung eindeutig für die Mittagszeit fällen, auch wenn es dann zwischendurch doch arg warm wurde.

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Ich lief hier zu (für mich) sportlichen Höchstleistungen auf! Erst die Palazzi-Besuche mit ewig vielen Treppen, dann der große Ausflug nach Lucca, und nun war ich in einer Gartenanlage ewig viele Höhen erklommen. Jedes Mal fragte ich mich: "Will ich das wirklich? Diese (für mich große) Anstrengung?" Aber ja! Es ging mir verhältnismäßig gut, außerdem konnte ich doch nicht wissen, ob oder wann ich wieder hierher kommen würde... Nach Schulschluss machte sich beim (na klar) Treppe gehen mein Knie bemerkbar, normalerweise eine Sache für Kühlgel und Schonung. Meine Entscheidung: An diesem Tage sollte Bewegung besser sein...

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Meine Schritte führten mich zum Arno, etwas abseits der vollen Straßen im Centro, erstens eine Abkürzung, zweitens (fast) ohne Touristen! Somit kam ich auch nicht an der Ponte Vecchio an (dort waren aus der Ferne die Menschenmassen zu sehen), sondern an der "Ponte Santa Trinita". Die Sonne strahlte nur so und sorgte somit für schöne Fotos (und besonders gute Laune)!

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Dann ging es immer der Nase nach - ich hatte beschlossen, dass der Reiseführer mit Stadtplan nicht mitkommen sollte - durch "Oltrarno".

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Ich erfreute mich gerade an den schönen alten Häusern, viele von ihnen historisch wichtige Palazzi (immer mit Schildern dran, welcher wichtige Mensch hier zu Hause war) und der etwas anderen Atmosphäre, als ich beschloss, nach links abzuzweigen.

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(Zwischen den mächtigen hohen Häusern sind ab und zu ganz schmale Wege oder Straßen.) Ich kam also ans Ende dieser Straße und blieb förmlich mit offenem Munde staunend stehen.

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Dass hier der Palazzo Pitti sein musste, wusste ich ja, aber nicht, WIE mächtig und WIE beeindruckend bereits das Äußere wirkte! Völlig perplex sah ich mich auf der Piazza de'Pitti um, die durchaus etwas befremdlich wirkte, da die Piazza mit lauter kleinen Steinchen planiert ist (und sich junge Leute darauf ausgestreckt hatten) - bei uns wäre sicherlich hier ein Rasen.

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Hinweisschilder künden von Eintrittskarten, Kombitickets für den Garten (Gardino di Boboli) und Museen, es gab zwei verschiedene Sorten hinsichtlich der Muesumsauswahl. Mit 10 Euro eher dem hochpreisigen Eintritt zuzurechnen. Sollte ich? Oder nicht? Der Blick auf einen hochliegenden Teil der Gartenanlage war frei, klettern? Ich? Siehe oben - wenn nicht jetzt, wann denn dann?

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Ich habe es nicht bereut und einen der wohl schönsten Tage meines Urlaubs in Florenz erlebt.

Es waren immer und immer wieder Treppenstufen zu erklimmen, aber jedes Mal wurde ich belohnt mit wundervollen Park- und dann auch Stadtansichten! Ich konnte mich gar nicht satt sehen.

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Die Gestaltung der terrassenförmigen Parkanlage mit Fischteich und Neptun, die Bäume, die Statuen, schließlich die unvergleichlichen Blicke auf Florenz und die dahinter liegenden Hügel! Ein einziger Augenschmaus und ein feines Seele-baumeln-lassen. Urlaub.

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Das Einzige, was mir nicht gefiel, waren die Mücken, die immer dann über meine Beine herfielen, wenn ich mich zwischendurch auf der einen oder anderen schattigen Bank niedergelassen hatte! Meine Beine waren schließlich mit juckenden roten Punkten übersät. (Die Stadtmücken liebten mich zwar auch, aber verursachten keine so starke allergische Reaktion, sie waren eher als harmlos zu bezeichnen.)

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Ganz sicher hatte ich nur gut die Hälfte des Parks abgewandert, und ich wäre durchaus gespannt auf das nicht Gesehene gewesen, aber ich hatte dermaßen müde Füße und Beine, dass nun eine Kaffeepause her musste. Wenn man den Garten verlässt, findet man im Seitenbereich des Innenhofes ein kleines Lokal unter den Arkaden mit Blick auf die Statuen. (Woher haben die hier nur die massenweisen Statuen, gerade im Palazzo Pitti stehen sie überall in der Gegend herum...) Bis die Bedienung erschien, dauerte es eine ganze Weile, aber ich wollte meinen Kaffee, und zwar einen großen mit viel Milch - ich erklärte dem Kellner, dass ich entweder eine ganz große Tasse Latte Macchiato oder einen doppelten Cappucchino wollte. (So langsam wurde es Zeit, dass die Signora sich Sonderwünsche angewöhnte, hier war schließlich Italien...!) Ich bekam einen sehr leckeren Cappu, der für florentiner Verhältnisse vermutlich "doppio" war.

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Und nun? Die Eintrittskarte war ja auch für die integrierten Museen gut. Ach, eigentlich wollte ich nicht, aber schließlich war das zwangsweise mit bezahlt... Ich hatte mit mir selber einen Kompromiss geschlossen und nur einen Teil angesehen. (Chinesisches Porzellen und Sachen aus Glas und so Zeugs, naja, und die zweite Etage mochte ich nun wirklich nicht mehr erklimmen, ABER:) Es gibt da Räume - das müsste ich nochmal später genauer nachlesen - die sind so üppig barock gestaltet, die Wände voller Fresken mit moppeligen Figuren, einigen Putten, Säulen, Menschen, Schnörkeln, dass man fast nicht unterscheiden kann, was ist "echte" Architektur (Säulen, Simse, Deckenbögen) und was ist gemalt. Ich war schwer beeindruckt von diesen Räumen. Fotografieren verboten, ein Faltblatt habe ich nirgends gefunden.

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Auf dem Rückweg machte ich noch ein paar Bilder am Fluss, einfach nur, weil das Licht so schön war! Und ich ging wieder den Weg, den ich gekommen war, verlaufen unmöglich.

***
Und Schluss für diesen Moment. Viel Spaß beim Lesen.
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Re: Zwei Wochen Florenz mit Sprachkurs Herbst 2012

Beitrag von Flora »

03.10.2012 - Kunst-Overflow
San Lorenzo & Cappelle Medicee

Das Phänomen dieser Stadt ist ja, dass man auf Schritt und Tritt Kirchen, Museen, Kunstwerke hat, man muss gar nicht nach ihnen suchen, sie stellen sich einem einfach in den Weg...

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So kam es, dass ich entgegen meiner mittlerweile Gewohnheit anstatt zwischen einmal hinter den Marktständen entlang ging. San Lorenzo und die Cappelle Medicee sind wenige Schritte vom Hotel entfernt, und ich hatte sie noch nicht besichtigt. Zugegeben, ich war etwas lustlos, weil sich nach eineinhalb Wochen eine gewisse Sättigung einzustellen begann, schließlich wollte ich mir auch noch merken können, jedenfalls in etwa, was ich wo angesehen hatte!

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Die Cappelle Medicee (Familiengrab der Medici) ist riesig, Marmor an den Wänden, riesige Sarkophage (Wieviel Sarkophag braucht ein einzelner Mensch?), darauf ein monströses Kissen (auch aus Stein?) mit der jeweiligen Krone drauf, auf zweien steht eine Figur des Verstorbenen - gewaltig, beeindruckend. Der Fußboden "natürlich" mehrfarbig... So wie das meiste in Florenz (wie ich es auch aus Rom kenne) ist wohl ständig ein Teil in Restauration begriffen. Hier gibt es noch eine Multimediapräsentation der Restaurierungsarbeiten zu sehen. Und dann scheuchte eine Angestellte uns Besucher: auf, auf, wenn wir noch in die Sagrestia Nuova von Michelangelo wollten!

Oha, da hätte ich aber nun doch etwas versäumt! Diese Kapelle wirkt viel heller und enthält Marmorstatuen von Michelangelo, teilweise unvollendete, da der Künstler während der Arbeiten auf immer nach Rom zu verschwinden beliebt hatte! Angesichts der Grabmale namens "Nacht und Tag" sowie "Morgen und Abend" stellte ich fest, Michelangelo hatte eine Vorliebe für dicke Oberschenkel...

Die Schatzkammer der Medici fand ich nicht so beeindruckend, obwohl sicherlich alles feine Handwerks-/Goldschmiede-usw.-Arbeit ist, ich kann mit katholischen Reliquien nicht viel anfangen.

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Einmal dort, umwanderte ich diesen Gebäudekomplex direkt an der Kirche entlang, äußerlich ein monströses und abweisendes steinernes Gebilde; entlang der Wand saßen viele Leute, ringsum führt eine große Treppe hinunter zur Rückseite der Marktstände.

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Überall in Kirchen, Museen (Cappelle Medicee sogar mit Sicherheitskontrolle und Handtaschenröntgen) gibt es viel Personal, das gut auf die Touristen aufpasst. Überwiegend herrscht Fotografierverbot, angeblich aus Sicherheitsgründen. Verstehe, wer will.

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Jedenfalls kaufte ich (schon wieder! Die Stadt verdiente nicht schlecht an mir) ein Biglietto für die Basilika San Lorenzo inklusive Museum. Puh, schon wieder ein Museum mit Gold, Silber, Bergkristall, Edelstein, Reliquien und so weiter und so fort.

Der Innenhof hat Säulengänge, einen Garten, an den Wänden zahlreiche Marmorplatten mit Inschriften. Drei Male war ich dort herum gegangen - ich fand den Zugang zur Kirche einfach nicht... immerhin durfte ich dort Fotos machen. Des Rätsels Lösung war, dass die Basilika nicht von Kreuzgang aus zu erreichen ist - sondern von draußen. Eigentlich war für neue Besucher schon geschlossen gewesen, aber eine Signora vom Sicherheitspersonal hat für mich den Zugang geregelt - sehr nett!

Oh ja, die Basilika ist sehr schön! Sehr hoch, ein bisschen kastenförmig irgendwie, an der Decke goldene Ornamente. Viele Gemälde an den Seiten - die Farben leuchtend, vermutlich wird an dieser Stelle (im Gegensatz zu anderen Kirchen mit Gemälden, die arg dunkel geworden waren) viel Geld für Restaurierungen ausgegeben. Die Vergangenheit war ganz und gar nicht dunkel, über alle Jahrhunderte hinweg haben Menschen Farben geliebt!

Nach dieser kulturellen Überflutung schlenderte ich nur noch ganz gemütlich ein bisschen herum und besah mir noch hier und dort die Schaufensterauslagen ...

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Flora
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Re: Zwei Wochen Florenz mit Sprachkurs Herbst 2012

Beitrag von Flora »

04.10.2012 - Schule

Ich ging"immer" den selben Weg zur Schule, beobachtete dabei "immer" die Verkäufer beim Aufbauen ihrer Marktstände, war täglich von den selben wissbegierigen Frauen umgeben, ging "immer" hinterher zu den gleichen ein, zwei Futterstellen, besuchte dann die Markthalle, dabei "immer" an den selben Obststand, wo die Pfirsiche so lecker sind und so wenig kosten, trank dann "immer" an der Bar von Claudio einen Caffé, der sogar auf seinen scontrini "Forza Fiorentina - per sempre forza viola" aufgedruckt hat.

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(Der alltägliche Blick aus dem Fenster des Klassenraumes.)

Dieses "immer" würde am nächsten Morgen nach den letzten zwei Unterrichtseinheiten und dem Abschlusstest enden. Es ist schon seltsam, wie schnell man sich an einen neuen und komplett anderen "Alltag" gewöhnen kann!

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In der Scuola Leonardo da Vinci läuft das Prozedere wie folgt ab: Ankunft, bei den Angestellten melden, man bekommt einen zweiseitigen Testbogen mit diversen Grammatikproblemen zum Ankreuzen (sehr, sehr leicht, da immer nur genau eine Antwort normales Italienisch ist, der Rest stammt aus Phantasia), dann sind als Freitext ein paar persönliche Fragen zu beantworten der Art: Woher kommst du, warum möchtest du Italienisch lernen, wie sind deine Vorkenntnisse/wo erworben, wie lange schon, wie bist du auf genau diese Schule gestoßen?

Eine der sehr freundlichen Angestellten fragt diese Sachen nochmal mündlich ab, um sich einen kleinen Eindruck zu verschaffen.

Da ich so gut wie alles im Multiple-Choice-Teil gewusst hatte, wollte sie mich recht hoch einstufen, ich fand "più basso" besser, um bessere Gesprächsfähigkeit zu erwerben.

Man bekommt dann ein Lehrbuch, ein Schulheft, und wird in einen Klassenraum geschickt. Die Anzahl der Teilnehmer schwankt wöchentlich ein wenig, da mancher nach Hause fährt, andere neu hinzukommen, im wesentlichen sind es 9 - 12 Leute. In unserem Falle waren wir sämtlich Frauen, von Mitte zwanzig bis zu mir. Ohne Umschweife sind vom ersten Moment an alle "per du" - Lehrer und Mitschülerinnen. Die meisten haben ein Universitätsstudium hinter sich - aber nicht alle.

Wir zum Beispiel stammten aus der Türkei, zwei Freundinnen aus Baden-Baden, davon eine ursprünglich aus der Schweiz, eine aus Polen, eine aus Kolumbien, eine aus NY, die jetzt in Florenz lebt, eine aus Schweden, eine aus Tschechien, eine aus Fukushima und E. stammte aus Mannheim.

Bei Teamarbeiten achten die Lehrer darauf, dass keine zwei gleichen Muttersprachler zusammen arbeiten. Transportsprache zur Hilfe, wenn mal etwas zu kompliziert ist, ist allgemein Englisch. Der Unterricht findet aber standardmäßig einsprachig Italienisch statt. Aber ich bin sicher, dass beide Lehrer noch mindestens (außer Englisch) Deutsch und Spanisch sprechen, gelegentlich wurden damit "schwergängige" Vokabeln geklärt.

Die ersten eineinhalb Stunden war Gianni bei uns und erklärte uns ein Kapitel Grammatik. Es wurden jede Menge Regelwerk, Merksätze und Beispiele an die Tafel und in die Hefte geschrieben, dann ein paar Übungen aus dem Buch gemeinsam gemacht bzw. besprochen, das Ganze gut gewürzt mit persönlichen Anekdoten oder Tipps, wo man hier essen gehen oder welchen Wein kaufen sollte, dass Fußball das Größte überhaupt ist und zu spät kommen cento Euro kostet. Hausaufgaben! Am nächsten Tag wurden diese im Schnelldurchgang durchgenommen, d.h. Gianni las die Lückentexte vor und wir ergänzten die geforderten Formen - wenn's gut lief, alle im Chor, oder wie er sagte "come in chiesa". "Domande?" Dann kam die nächste Einheit dran.

Eine Viertelstunde Pause, Beine vertreten, Essen, Trinken...

Es erschien Patrizio auf der Bildfläche, menschlich ein ganz anderer Typus, aber wie Gianni großartig pantomimisch begabt und mit der typisch italienischen Gabe der großen, ausladenden Gesten - evtl. unseretwegen auch übertrieben? Meistens zur Erklärung der Bedeutung einer Angelegenheit, eines Begriffs - diese wurden nämlich gerne mit völlig abstrusen Geschichten erklärt. Mit Lachen lernt es sich eben besser.

Patrizio war zuständig für die Konversation. Er brachte uns alle zum Reden. Anfangs das Übliche, siehe oben: woher, Beruf, Familie, warum Italienisch etc. Allgemeine Lektion 1 für Anfänger in jedem Lehrbuch. Das flutschte natürlich, und alle entspannten sich etwas.

Einfach waren die Stunden, in denen wir erzählen können, was wir z.B. am Wochenende unternommen hatten, handelte es sich um Ausflüge, ergänzte er sie noch um Sachinformationen. (Es fiel auf, dass die Herren eine sehr, sehr umfangreiche Allgemeinbildung besitzen und praktisch zu jedem Thema mit Sachverstand etwas beisteuern konnten.) Damit es auch etwas schwieriger wurde, gab es zwei Versionen:

Nr. 1: Es wurden verschiedene Zeitungsartikel ausgeteilt, zu zweit sollten diese unterschiedlichen Artikel durchgearbeitet werden (Patrizio ging herum und erklärte notfalls Vokabeln), um dann Bestandteil des Klassengespräches zu werden. Da ging es z.B. um die Kosten für Familien mit Kindern in Italien, Verdienst, Miete, Schule etc. oder um die verschiedenen Ernährungsgewohnheiten früher und heute, gesund/ungesund usw. Mein Pech, dass ich jedes Mal Artikel mit Statistiken bekam, ich hasse Zahlen und bin nicht die Beste im schnellen Auswerten.

Nr. 2: Wir mussten einem Gesprächspartner etwas erzählen (Familie, Arbeit, Reisen, Hobbies, Filme), der schrieb sich das auf und referierte das dann hinterher vor der Klasse. Das war lustig und interessant, weil wir so auch einiges übereinander erfuhren. Ich betrachtete es als Glück, dass ich häufiger (ungerade Teilnehmerzahl) das Vergnügen hatte, direkt mit Patrizio zusammen zu arbeiten. So bekam ich "druckreifes" Italienisch angeboten, und es ging für mich dann um Verständnis und Wiedergabe - kein Problem, wenn kein Fremd-Muttersprachler zwischen geschaltet ist und die nötige Unterstützung (Vokabeln) direkt bei einem sitzt.

An einem Tag hatten wir zu lernen, wie Briefe zu schreiben sind, Höflichkeitsformen, Anrede, Schluss, höfliche Ausdrucksweise etc.

Die Unterrichtseinheiten orientieren sich - auch wenn ein wöchentlicher Ein- und Ausstieg problemlos möglich ist - an zweiwöchentlichen Abschnitten, in denen jeweils ein Buch durchgearbeitet wird.

Der in dieser Zeit (hoffentlich) eingebläute Grammatikteil für B1-Intermedio 1 beinhaltet:

* Vokabelaufbau
* Modalverben transitiv/intransitiv bzw. aktiv/passiv
* Wiederholung Passato prossimo/avere-essere
* Direkte und indirekte Pronomen (Akkusativ/Dativ) - endlich!
* Wiederholung der Pronomen ("una cosa caotica, come in casinò!")
* Imperfetto
* Condizionale semplice
* Condizionale composto
* Trapassato prossimo, avverbi di tempo
* Gerundio semplice

Was ich jetzt gebraucht hätte, war ein Computerchip im Gehirn, der das alles hätte abspeichern können!

Am Ende steht dann "der wichtige Test", die Lehrer zwinkerten immer mit den Augen, wenn sie ihn erwähnten, und dafür hatten wir eine wahre Flut von Wiederholungsaufgaben auf bekommen.
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Re: Zwei Wochen Florenz mit Sprachkurs Herbst 2012

Beitrag von Flora »

Ach ja, denkt nicht, dass es das jetzt war... aber für heute ist mal wieder Schluss.
Ciao e a presto...
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